Ein letztes Ma(h)l zusammen

Lesung aus dem Markusevangelium, Kapitel 14,12-25.

Seit es christliche Gemeinden gibt, stand im Zentrum der gottesdienstlichen Versammlungen eine gemeinsame Mahlfeier – das Abendmahl. Schon in der Apostelgeschichte des Lukas ist zu lesen, dass sich die junge christliche Bewegung durch das gemeinsame Brotbrechen auszeichnete (Apg 2,42). Dieser gemeinsamen Feier wurde ein so hoher Stellenwert zugemessen, weil sie auf Jesus selbst zurückgeführt wurde, der am Vorabend seiner Hinrichtung gemeinsam mit seinen Jüngern beisammen gewesen ist und mit ihnen Brot und Wein geteilt hat. Ich möchte in diesem Text gerne etwas genauer auf die äußeren Umstände dieser Feier blicken, denn ich bin davon überzeugt, dass wir dadurch einen etwas anderen Blickwinkel auf die Ereignisse und deren Bedeutung bekommen können.

Ein letztes Ma(h)l zusammen

Jesus war nach Jerusalem gereist und dort unter dem Applaus der Menge eingezogen. Er wollte an der im jüdischen Festkalender ganz zentralen Passafeier teilnehmen. Dieses Fest hatte eine große Bedeutung, weil mit ihm der Befreiung des Volkes Israel aus der ägyptischen Knechtschaft gedacht wurde. Während des Passafestes befand sich Jerusalem im Ausnahmezustand. Unzählige Menschen aus dem ganzen römischen Reich bevölkerten die Straßen der Stadt. Sie alle haben sich auf den Weg nach Jerusalem gemacht, um gemeinsam zu feiern. Die vielen Menschen machten die römische Besatzung nervös. Sie fürchteten Aufstände. Deshalb waren sie in diesen Tagen immer mit einer großen Streitmacht vor Ort.

In dieser angespannten Situation tut Jesus etwas, das den Ablauf Ereignisse wesentlich beeinflusst haben dürfte. Denn er geht in den Tempel und fängt an, die Tische mit den Opfergaben umzuschmeißen und die Händler hinauszutreiben (Mk 11,15–19). Er unterbindet in diesem Moment Opfer- und Gottesdienst. Die führenden Priester fühlten sich aufs äußerste provoziert, denn immerhin stellte der Tempel gerade während der Feierlichkeiten anlässlich des Passafestes das Zentrum der Gottesverehrung dar. Deshalb verwundert es nicht, wenn in Markus 11,18 zu lesen ist: „…und sie trachteten danach, wie sie ihn umbrächten.“ Auch Jesus muss klar gewesen sein, dass es für ihn in Jerusalem nun gefährlich werden könnte. Denn es war nicht davon auszugehen, dass die religiöse Elite einen solchen Frevel einfach hinnehmen würde.

Ein letztes Ma(h)l zusammen

Vor diesem Hintergrund organisiert Jesus für sich und seine Jünger ein gemeinsames Abendessen in der Stadt. Die letzte Tischgemeinschaft findet also in einer angespannten Atmosphäre statt. Es war kein gemütliches Beisammensein, denn man musste damit rechnen, dass Jesus verhaftet werden könnte. Als zusätzlicher Stimmungskiller wirkte die Andeutung Jesu, dass einer aus dem Jüngerkreis ihn verraten wird. Eine tiefe Traurigkeit und Unsicherheit kommen über die Jünger und sie fragen sich: „Bin ich etwa derjenige, der Jesus verraten wird?“ Diese Aussage lässt tief blicken. Denn die Jünger werden mit sich selbst konfrontiert und mit der Frage, ob sie zu dieser Tat fähig wären. Wenige Stunden später geben sie die Antwort. Denn als Judas im Garten Gethsemane Jesus für die jüdischen Behörden identifiziert und diese ihn in Gewahrsam nehmen, rennen die übrigen Jünger von panischer Angst ergriffen davon. Keiner steht Jesus in seiner schwersten Stunde bei. Diese eigene Schwachheit führt Jesus seinen Jüngern während ihres gemeinsamen Abendessens vor Augen.

Ein letztes Ma(h)l zusammen

Aber anders als seine Jünger später, lässt Jesus seine Freunde in diesem Moment nicht im Stich. Er holt sie aus der Beschäftigung mit sich selbst zurück in die Gemeinschaft mit ihm, indem er Brot und Wein an sie austeilt. In dieser Geste kommt eine innige Beziehung zum Ausdruck. Jesus ist etwas an dieser Gruppe von unvollkommenen jungen Menschen gelegen. Er teilt Brot und Wein mit ihnen und er tut das auf charakteristische Weis. Er verteilt nämlich die Gaben nicht einfach an seine Jünger, sondern er verbindet die Austeilung mit einem Wort an sie: „Nehmt, das ist mein Leib.“ Der Leib steht im damaligen Kontext für die gesamte Existenz eines Menschen. Man könnte deshalb auch übersetzen: „Nehmt, das ist mein Leben!“ Mit diesem Wort spielt Jesus nicht auf seinen unmittelbar bevorstehenden Tod an, sondern er blickt auf seine irdische Wirksamkeit insgesamt zurück. Das ist mein Leben…   Erinnert euch daran, wie ich den Menschen begegnet bin, wie ich mich ihrer angenommen habe und wie ich ihnen vom Anbrechen des Reiches Gottes erzählt habe… All das habe ich für euch getan, damit ihr darin die Zuwendung Gottes zu den Menschen erkennen könnt, auch jetzt.

Aber die Zuwendung Gottes zu den Menschen hört nicht bei den Jüngern auf. Deshalb nimmt Jesus noch den Kelch, reicht ihn seinen Jüngern und sagt: „Das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird.“ Mit der Rede vom vergossenen Blut blickt Jesus auf seinen gewaltsamen Tod voraus. Er blickt aber nicht nur auf seinen gewaltsamen Tod voraus, sondern darüber hinaus. Das, was auf ihn zukommen wird, soll vielen zugute kommen. Die Zuwendung Gottes zu den Menschen bricht nämlich mit dem Tod Jesu nicht ab. Mit der Rede von den „vielen“ ist eine Öffnung der Zuwendung Gottes über die Jüngergemeinschaft hinaus gemeint. Denn gerade im Alten Testament bezieht sich die Rede von den „vielen“ auf die Völker, also auf diejenigen, die nicht zum Volk Gottes gehören. Durch den Tod Jesu sollen alle, die außen vor sind, einen Zugang zur auserwählten Gottesgemeinschaft erhalten.

Ein letztes Ma(h)l zusammen

Gerade deshalb ist die Feier des Abendmahls für uns Christen bis heute so wichtig. Denn im Teilen von Brot und Wein kommt etwas von der bedingungslosen Zuwendung Gottes zu uns Menschen zum Ausdruck. Weil Jesus damals keinen seiner Jünger ausgeschlossen hat – auch Judas ist bis zuletzt Teil der Mahlgemeinschaft – nimmt Gott mich heute mit all meinen Schwächen und Fehlern im Abendmahl bedingungslos an. Ich bin eingeladen und ich muss keine Angst davor haben, abgewiesen zu werden. Ich bin eingeladen und darf am Tisch Platz nehmen mit all den Ängsten und Unsicherheiten, die meinen Alltag im Moment bestimmen.  Ich bin eingeladen und ich kann mir sicher sein, dass ich – egal wie ich mich fühle – genau das bekomme, was auch alle anderen bekommen, nämlich die Zusage, dass wir eingeladen sind zur auserwählten Gemeinschaft Gottes.


Ein Ma(h)l zusammen

Die aktuelle Situation bringt es mit sich, dass wir am Gründonnerstag nicht in unseren Kirchen gemeinsam Abendmahl feiern können. Das bedeutet aber nicht, dass Sie auf die Feier des Abendmahls verzichten müssen. Denn Sie können das Abendmahl mit den Menschen feiern, mit denen Sie gerade zusammen leben. Ich möchte Ihnen einen kleinen Leitfaden an die Hand geben, wie Sie Abendmahl miteinander feiern können. Am Gründonnerstag würde sich z.B. als Zeitpunkt unmittelbar vor dem Abendessen anbieten. In der Vorbereitung sollten Sie Brot (welche Sorte ist egal) auf einen Teller legen und Wein oder Saft in ein Glas gießen.

Votum:

Sie können das Abendmahl mit einem sogenannten Votum beginnen, indem Sie aussprechen, dass alles Nachfolgende im Namen Gottes geschieht:

„Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“


Sanctus:

Auf das Votum könnte das Sanctus folgen. Mit dem Sanctus beten sie Gott als heiligen und allmächtigen Gott an, der aber nicht in seiner Unnahbarkeit verharrt, sondern in seinem Sohn Jesus Christus den Menschen ganz nahegekommen ist.

„Heilig, heilig, heilig, ist Gott, der Herre Zebaoth. Alle Land sind seiner Ehre voll. Hosianna in der Höhe. Gebenedeit sei, der da kommt im Namen des Herrn. Hosianna in der Höhe.“


Einsetzungsworte:

Auf das Sanctus können Sie die Einsetzungsworte folgen lassen. Mit den Einsetzungsworten erinnern wir uns an das letzte gemeinsame Mahl Jesu mit seinen Jüngern.

„Unser Herr Jesus Christus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach’s und gab’s seinen Jüngern und sprach: Nehmet hin und esset: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird. Solches tut zu meinem Gedächtnis.
Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Abendmahl, dankte und gab ihnen den und sprach: Nehmet hin und trinket alle daraus: Das ist mein Blut des neuen Testaments, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Solches tut, sooft ihr′s trinket, zu meinem Gedächtnis.“


Vater Unser

Das Vater Unser ist für uns Christen ein ganz wichtiges Gebet, weil Jesus es seinen Jüngern selbst beigebracht hat. An dieser Stelle wird das Vater Unser als Tischgebet gesprochen kurz bevor Brot und Wein verteilt werden.

„Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme,
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. AMEN.“


Austeilung

Auf das Tischgebet folgt die Austeilung der Gaben. Wenn Sie ein ganzes Stück Brot bereitgestellt haben, können Sie das Stück nehmen, einen Teil davon abbrechen und ihrem Nachbarn/ihrer Nachbarin mit den Worten „Christi Leib für dich gegeben“ oder „Nimm hin und iss vom Brot des Lebens“ überreichen. So können Sie weiterverfahren, bis das Brot einmal im Kreis herumgegangen ist.

Mit dem „Kelch“ (Glas oder Becher mit Saft oder Wein) verfahren Sie ebenso. Sie nehmen diesen in die Hand und reichen ihn mit den Worten weiter „Christi Blut für dich vergossen“ oder „Nimm hin und trink vom Kelch des Heils“.


Dankgebet

Sie können das Abendmahl mit einem Dankgebet beschließen und daran das Abendessen anschließen.

„Herr, unser Gott,
im Abendmahl kommst du uns ganz nahe.
Mit all unseren Schwächen und Fehler nimmst du uns an.
Wir müssen keine Angst davor haben, von dir abgewiesen zu werden.
Dafür danken wir dir.
Amen.“