Nudelsalat geht immer I
Nudeln oder doch lieber Brot in der Not?
Stellen Sie sich vor, es ist Sommer und die Sonne scheint – ich weiß, gar nicht so leicht an einem bewölkten, nasskalten Tag in der Adventszeit. Aber versuchen sie es trotzdem einmal. Für später haben sie ein paar Freunde zum Grillen eingeladen. In meiner Vorstellung gehören zu einer guten Grillparty ein paar Steaks (ich weiß, das darf man heutzutage gar nicht mehr so laut sagen), Maiskolben und natürlich Salate. Dabei – so scheint es mir – darf ein Salat auf keiner Grillparty fehlen, der Nudelsalat. Sie wissen schon, den Klassischen mit Erbsen und Mais aus der Dose, sauren Gurken, gekochtem Schinken und natürlich jeder Menge Mayonnaise. Typisch deutsch ist diese Art des Nudelsalats. Und ich muss ehrlich gestehen… mir schmeckt er nicht. Ich finde die Kombination aus Nudeln, Mayonnaise, Erbsen usw., nicht sonderlich attraktiv.
Den Nudelsalat direkt mit der Bibel ins Gespräch zu bringen, ist keine einfache Aufgabe. Denn weder Nudeln noch Nudelsalat werden in der Bibel erwähnt. Das ist doch klar, mögen sie an dieser Stelle vielleicht einwenden. Nudeln können gar nicht in der Bibel erwähnt werden, weil es sich dabei doch um eine halbwegs neue Erfindung handelt. Das habe auch ich bislang immer angenommen. Dem ist allerdings nicht so. Denn bei Ausgrabungen in China wurden 4000 Jahre alte Nudeln entdeckt. Nun gut, aber China ist weit weg. Nach Europa sind die Nudeln erst durch den Entdecker Marco Polo gelangt… Aber auch das stimmt leider nicht ganz. Denn seit der griechischen Antike (seit dem 1. Jh. vor Christus) sind Nudelgerichte im Mittelmeerraum bezeugt. Die Römer nannten eines dieser Nudelgerichte lagana, die heutige Lasagne. Es wäre also durchaus vorstellbar, dass Nudeln in der Bibel hätten erwähnt werden können. Aber wie bereits erwähnt, ist dem nicht so.
Wobei… vielleicht hat sich in der Bibel doch ein Nudelrezept versteckt. Denn die wichtigsten Zutaten für Nudeln sind Mehl, Wasser und Öl. Diese drei Zutaten sind in einer Erzählung des Alten Testaments von großer Bedeutung. Die Hauptrollen sind darin besetzt von einem Propheten und einer Witwe. Die Geschichte geht ungefähr so:
„Was soll ich nur tun?“, dachte die Frau. Sie war verzweifelt. Ihre Vorräte waren nahezu aufgebraucht. In der Pfanne vor ihr auf dem Herd backte ein kleines Brot. Viel war es nicht für Sie und ihren Sohn. Aber immerhin würde der Hunger dadurch etwas erträglicher. Vielleicht konnte Sie morgen noch ein weiteres dieser kleinen Brote von dem letzten bisschen Mehl und dem kleinen Tropfen Öl backen. Aber dann war alles weg. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Wenn doch bloß diese nicht enden wollende Trockenheit vorüber wäre. Wenn Gott doch nur ein Einsehen hätte und endlich Regen schicken würde. Dann gäbe es für sie und ihren Sohn vielleicht noch Rettung. So recht dran glauben konnte sie aber nicht. Denn Regenwolken waren weit und breit nicht in Sicht.
Am nächsten Tag ging sie um die Mittagszeit vor die Stadt, um nach Holz zu suchen, mit dem sie ihren Herd befeuern konnte. Der strahlendblaue Himmel und die drückende Hitze hatten das letzte Fünklein Hoffnung auf Rettung zu Nichte gemacht. Heute würde sie für sich und ihren Sohn das letzte Brot backen und dann sterben. Sie hatte sich in ihr Schicksal ergeben. Sie war ja nicht die erste, der es so ergangen war.
Tief in Gedanken versunken hörte sie zunächst gar nicht, dass da jemand mit ihr sprach. „Frau!“ Schließlich drangen die Worte durch. Sie drehte ihren Kopf und erblickte einen Fremden, der mit ihr redete. „Frau, hol mir ein bisschen Wasser in einem Gefäß, damit ich trinken kann.“ Auch das noch… Konnte der Fremde sie nicht in Ruhe lassen? Aber wie es sich für eine Frau gehörte und wie es die Regeln der Gastfreundschaft forderten, konnte sie seine Bitte nicht einfach ignorieren. „In Ordnung!“, brummte sie und machte sich auf den Weg, um Wasser aus dem Brunnen zu schöpfen. „Und wenn du schon dabei bist, dann bringe mir gleich noch einen Bissen Brot mit, ich bin hungrig!“, rief der Fremde ihr nach. „Hungrig bin ich auch!“, dachte die Frau, sagte aber: „Ich habe kein Brot. Ich habe lediglich noch ein bisschen Mehl und einen Tropfen Öl. Mehr ist mir nicht geblieben. Ich bin gerade auf dem Weg nach Hause zu meinem Sohn, damit ich uns den letzten Rest backe und dann wollen wir sterben!“
Darauf entgegnet der Prophet: „Hab keine Angst! Geh nach Hause. Vermenge Mehl und Öl mit Wasser und knete daraus einen Nudelteig…“
Halt! Jetzt habe ich in der Geschichte etwas durcheinandergebracht. Vor lauter Nudelsalat habe ich etwas durcheinandergebracht. Es wäre zu schön gewesen, wenn der Prophet der Frau den Auftrag gegeben hätte, einen Nudelteig zu kneten. Aber das tat er nicht. Er sagte:
„Backe mit den Resten ein Brot und bringe es zu mir. Dir und deinem Sohn sollst du danach auch ein Brot backen. Denn so spricht Gott: ‚Das Mehl im Topf soll nicht weniger werden und das Öl im Krug soll nicht abnehmen, und zwar so lange, bis Gott, der Herr, es wieder regnen lassen wird.“
Die Witwe blickte den Fremden entgeistert an. Sie versuchte an seinem Blick zu erkennen, ob er sie übers Ohr hauen wollte. Aber sie konnte keine Arglist bei ihm ausmachen. „Ist ja eh schon egal!“, dachte sie. Sie und ihr Sohn waren bereits verloren. Dann soll wenigstens dieser merkwürdige Fremde von den letzten Resten ihrer Vorräte profitieren.
Sie ging nach Hause, vermengte die Zutaten miteinander und gab den Teig in die Pfanne zum Backen. Als sie noch einmal in den Mehltopf blickte, hätte sie das Gefäß vor Schreck beinahe fallen gelassen. Denn es befand sich immer noch Mehl darin. Sollte der Fremde tatsächlich Recht behalten mit seiner Ankündigung, dass Gott sie für die Zeit der Dürre mit Mehl und Öl versorgen würde? Schnell blickte sie in den Ölkrug. Auch darin war immer noch Öl. Sie konnte es nicht fassen und war überglücklich. Schnell backte sei zwei weitere Brote. Aber selbst jetzt waren immer noch Mehl und Öl übrig. „Wir sind gerettet“, dachte die Frau. Dank Gott und diesem merkwürdigen Fremden würde sie in der Lage sein, sich und ihren Sohn durch diese Dürrezeit hindurchzubringen. Und das nur, weil sie sich bereit erklärt hatte, dem Mann Gottes zu helfen.
Sie sehen: Wasser, Mehl und Öl spielen eine wichtige Rolle, alles drei Zutaten für die Nudelherstellung. Ich weiß, im Endeffekt geht es (leider) um langweiliges Brot, aber auch das passt irgendwie zu unserer Reihe „Schwarzbrottheologie“.
Mich beeindruckt diese Erzählung, weil sie so überraschend nüchtern daherkommt. Sie steht übrigens im 1. Königebuch im 17. Kapitel. Es wird nämlich nicht berichtet, dass die Frau den Worten Elias Glauben schenkte und aufgrund ihres Glaubens anfing, Brot zu backen. Es heißt schlicht: „Sie ging hin und tat, wie Elia gesagt hatte.“ Über ihre Motive, ihr Vertrauen oder nicht-Vertrauen, schweigt sich der Text aus.
Für mich heißt das: In Zeiten der Not überrascht Gott mich in unscheinbaren kleinen Begegnungen. Er will mir etwas Gutes tun – vielleicht sogar mit einem Nudelsalat, der Mayonnaise, Erbsen, usw. enthält –, und zwar unabhängig davon, ob ich ihm in diesem Moment glaube oder vertraue. Ich merke: Die Botschaft von Elia und der Witwe tut mir gerade in dieser Adventszeit gut. Außerdem bin ich mir sicher: Beim nächsten Nudelsalat werde ich mich ganz bestimmt an diese Brot-Geschichte erinnern.
Ihr Pfarrer Johannes Körner
Nudeli
Eine wahre Geschichte die ich bezeugen kann:
Anfang der 1980er Jahre arbeitete eine Bekannte von mir als Fremdsprachenkorrespondentin für einen Würzburger Stahlbauer mit Sitz am Europastern. Eines Tages wurde alles für den Besuch einer indischen Gastdelegation vorbereitet. Der Empfangsraum wurde von Handwerkern in Topzustand gebracht.
Um 10:30 Uhr war es dann soweit: Die indische Delegation traf ein. Ihr Chef stellte sich vor: „Ich bin Vikhram Patel aus New Dehli.“
Darauf hörte man laut einen Handwerker im Raum:
„Ich arbeite hier schon seit 6 Uhr ohne Frühstück – und der denkt nur an seine Nudeli!“
Wahre Begebenheit.
Elias und Jesus
Die Geschichte von Elias in Könige ist sehr interessant da sie Referenzen zu Jesus‘ eigenen Wundern – darunter die Speisung der 5.000 – enthält. Siehe Matt 14:16-20 und in den anderen 3 Evangelien. Danach noch einmal wiederholt in der Speisung der 4.000 in Matt 15:32-38 und bei Markus.
In der Tat antworten die Jünger Jesus, dass ihn viele im Volk für Elias halten Matt 16:14. Das ist aber die falsche Vermutung wie Petrus klarstellt Matt 16:16.
Die Verbindung zu Elias wird im NT weiterhin unterstrichen wenn Jesus Moses und Elias erscheinen Matt 17:3 und Jesus über Elias spricht Matt 17:11-12. Und Mark 9:14-4, 11-13.
Zeitgenössische Theolog*innen mögen daraus ableiten, dass die Speisung der 5.000 und der Erscheinung von Moses und Elias ein nachösterliches rein litetarisch/propagandistisches und fiktionales Konstrukt ist um Jesus zu verherrlichen und in alttestamentarischen Kontext zu setzen. Andererseits kann man darin die Kontinuität der Güte Gottes vom Alten zum neuen Testament sehen.
Inzwischen fühle ich mich hier im Blog am 3. Advent wie ein Hund, der den Vollmond anbellt. Aber trotzdem: Für euren nächsten Blog schlage ich euch ernsthaft vor ihn dekanatsweit anzubieten. Vielleicht auch mit Gastbeiträgen. Und ihr wisst bestimmt wer sich als Gastautor anböte 😀. Ihr solltet dazu vielleicht kein zu spezielles Thema wählen wie „Das Gottesverständnis von Romano Guardini“ den ich persönlich übrigens sehr schätze.
Vielleicht – und das weiss keine Person – hätte euer theologisch anspruchsvoller Blog mehr Lesende zu einem Kommentar inspiriert, hättet ihr euch statt der von Pfarrerin Mundinar ungeliebten Wurst und dem von Pfarrer Körner verabscheuten Nudelsalat auf das Brot konzentriert. Das ist natürlich theologisch abgegrast, aber trotzdem:
Es beginnt mit Jesu Antwort an den Teufel in der Wüste vor Beginn seiner Mission; “ Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“ Matt 4:4. Und schliesst den Kreis mit dem Abendmahl: „Da sie aber assen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach’s und gab’s den Jüngern und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib.“ Matt 26:26.
Und in der ersten Fürbitte im Vaterunser: „Unser tägliches Brot gib uns heute“
Sehen wir halt mal, ob der allerletzte Beitrag eures Blogs doch noch einen weiteren Kommentar inspiriert.
Gesegneten 3. Advent und Danke für eure geistliche Arbeit.