Nudelsalat geht immer II
Wetten dass…
Ich gestehe, zum Thema Nudelsalat habe ich vor allem eines: jede Menge Vorurteile. Und der Kollege hat in seinem letzten Text, ohne es zu wissen, gleich zwei von ihnen bestätigt. Vorurteil Nummer 1: Wenn in Deutschland gegrillt wird und an diesem Vorgang mehr als ein Haushalt beteiligt ist, dann gibt es Nudelsalat dazu. Ohne Diskussion. Stimmt`s oder hab ich Recht? … Sag ich doch!
Ich denke, in einem solchen Fall liegt der Nudelsalat-Wahrscheinlichkeits-Quotient (kurz: NWQ) bei… naja … über den Daumen gepeilt 98,5%.
Und: Er steigert sich kontinuierlich mit jeder neu dazukommenden, mitkochenden, mitbackenden, mitmischenden Person. Auf den Punkt gebracht:
Ist das Grillfest nur groß genug, geht der NWQ in Deutschen Vorgärten gegen unendlich!
Was für ne Formulierung! Ich hoffe, mein Physiker-Bruder ist angemessen stolz:), vor allem, weil meine These dem Praxistest standhält. Ich jedenfalls erinnere mich lebhaft: Wenn wir in meinem Freundeskreis ein Buffet auf die Beine stellen wollten, sagte immer irgendwann irgendwer: „Lasst uns mal lieber ne Liste machen, sonst bringen wieder 28 Leute (von 30) einen Nudelsalat mit!“
Na ja, was soll man sagen?
Wir Deutsche sind eben verrückt nach Nudelsalat! … Wobei, warten Sie mal! …
Ich glaube, das stimmt so nicht! Ich glaube, da müssen wir noch mal genauer hinschauen.
(Apropos: wissenschaftliche Beobachtung und so.) Also, was sehen wir denn wirklich? – Wir sehen:
Offensichtlich bringen die Deutschen zu jeder sich bietenden Gelegenheit Nudelsalat mit! …
… obwohl ich keinen kenne, der ihn selbst gerne isst …
Wirklich wahr. Ich habe noch nie jemanden sagen hören:
„Woah, ich liebe Nudelsalat, wenn ich könnte, würde ich den jede Woche essen!“
Hab ich noch nie gehört.
Bisher dachte ich aber immer, das hat etwas mit meinem Vorurteil (= Vorurteil 2) zu tun, weil ich eben selbst auch keinen Nudelsalat mag. Jetzt aber schreibt sogar der (immer unglaublich unvoreingenommene) Kollege schwarz auf weiß, dass nicht einmal er Nudelsalat mag, mit den Erbsen und der Mayo und so. Mmmh …
Offensichtlich bringen wir Deutsche zu jeder sich bietenden Gelegenheit für andere etwas mit, was wir selbst nicht essen wollen!
Wow!
Also, ähm, wenn das stimmt …wenn das wirklich stimmt, ich meine, was sagt man da? – Ich weiß auch nicht. – Vielleicht: „Was du nicht willst, dass man dir tut, das füg` auch keinem anderen zu.“ … ??? … so, als Vorschlag aus der Kinderstube, ganz spontan …
Und immerhin gibt`s das ja auch in biblisch!
Da ist es ins Positive gewendet. Dafür reimt es sich nicht und klingt zum Ausgleich ein bisschen sperrig. Finde ich zumindest. Aber urteilen Sie ruhig selbst:
„Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch!“
So steht es da. In der Bibel. Und zwar nicht irgendwo, so als abgefahrene Randnotiz für Bibelkunde-Neards, sondern direkt in der Bergpredigt, Matthäus 7, meine Damen und Herren!
Unter Theologen ist dieser Vers bisher bekannt als „die goldene Regel“. Ich aber denke, jetzt ist es an der Zeit, sie offiziell umzubenennen in: „die Nudelsalat- Lehre“.
Und das Tolle an der Nudelsalat-Lehre ist:
Sie hängt nicht so hoch wie dieses „Nächstenliebe-Ding“.
Klar, oder?
Wenn ich die Nudelsalat-Lehre umsetzen will, muss ich „den anderen da drüben“ nicht zu meinem „Nächsten“ machen. Ich muss ihn nicht nah an mich heran lassen. Ich muss ihn nicht lieben. Ich muss ihn noch nicht mal über die Maßen, großartig, respektieren.
Ich darf ihm nur nichts antun, darf ihn nur nicht in eine Lebenssituation bringen, die ich selbst nicht erleben wollen würde.
Klingt irgendwie logisch, oder?
Klingt nach „Grundanstand“ und nach: „Joa, das könnte man schon machen.“
Aber stellen Sie sich mal vor, wir würden das wirklich machen. Alle. Weltweit. Vielleicht, probeweise, erst mal für ein Jahr, dafür aber konsequent:
Jeden einzelnen Tag. In jedem einzelnen Bereich des Lebens. Im Großen, im Kleinen, im Mittleren und im Winzigen.
365 Tage lang – Nudelsalat-Lehre!
Und ich wette:
Nach einem Jahr würden wir unsere Welt nicht wieder erkennen.
Es wäre, als wären wir ins Paradies gepurzelt! Wetten, dass …?
Sind Sie dabei?
Wenn Sie mitmachen und ich verliere, dann dürfen Sie alle zu mir zum Grillen kommen und so viel Nudelsalat mitbringen, wie Sie wollen.
Ihre Pfarrerin Eva Mundinar
Kants kategorischer Imperativ hat es genauso ebenfalls erfasst. Funktioniert aber nur wenn alle Beteiligten in etwa die gleiche Position und Macht besitzen.
Oder das chinesische Sprichwort:
„Das Geheimnis einer erfolgreichen Ehe liegt darin, wenn man den Partner mit der gleichen Vorsicht und Umsicht behandelt wie einen gefährlichen Feind.“
Gegenbeispiele aus der Natur: Der Kuckuck. Die Nesträuber die Eichhörnchen. Jedes Raubtier.