Tagebuch eines Pfarrers #2

Liebes Tagebuch,

Ich glaube, ich habe noch nie so viele Taufanfragen bekommen wie in den letzten drei Wochen und das ist super, denn ich finde, Taufen sind immer etwas ganz besonders und ich taufe total gerne.
Den Verdacht, dass das so sein könnte, also den Verdacht, dass ich gerne taufen würde, den hatte ich schon ganz früh – zum ersten Mal in meinem Gemeindepraktikum nach dem Grundstudium bei einem der tollsten Pfarrer, die ich kenne.
Fünf Monate war ich Praktikantin in seiner Gemeinde und er hat mich überall mit hingenommen, also auch zu Taufgesprächen. Und da, da gab es nicht nur ganz oft etwas Leckeres zu essen, sondern auch jede Menge zu lernen! Darüber, wie man ein Taufgespräch führt, worauf man achtet, wie man sich merkt, was gesagt worden ist und so weiter und so weiter.
Sehr spannend! … Zumindest wenn man mit dem Gedanken spielt, Pfarrerin zu werden 🙂

Und ein paar Wochen nach den Taufgesprächen fanden dann (natürlich) die Taufen statt und auch da durfte ich mit dabei sein! Also getauft hat selbstverständlich mein Mentor, aber ich durfte die Gottesdienste besuchen und zuschauen, wie das geht, das Taufen!
Und dabei ist mir etwas aufgefallen, das mir von Anfang an so gut gefallen hat, dass ich es heute, nach all der Zeit, immer noch weiß – nämlich: Wenn mein Mentor mit einem Kind und seiner Familie am Taufstein stand und die Taufformel gesprochen hat: „Ich taufe dich im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.“, immer dann hat seine Stimme (ich glaube ja, einfach von selbst) einen ganz bestimmten „Tauf-Ton“ angenommen: tief, warm, ganz sanft hat sie geklungen … ein echter Gänsehaut-Moment…

Und heute …  heute, wo ich selbst taufe, kann ich das so gut verstehen und vielleicht hat meine Stimme ja auch ihren eigenen Tauf-Ton. Ich weiß es nicht. (Wahrscheinlich weiß man das nie von Innen). Aber ich hoffe es.

„Ich taufe dich im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.“, sage ich und gieße – ganz vorsichtig – dreimal Wasser über einen Kinderkopf. Am Ende dann bleibt meine Hand am Hinterkopf liegen zum Taufsegen: „Der allmächtige Gott und Vater stärke dich durch seinen heiligen Geist, erhalte dich in der Gemeinde Jesu Christi und bewahre dich zum ewigen Leben. Friede sei mit dir. Amen.“, so sage ich es…

… und meistens, fast immer, schauen in diesem Moment das neu-getaufte Kind und ich uns an.
Durch und durch schauen wir uns an: Unsere Seelen sehen sich, so glaube ich.
Und ich fühle mich erkannt. Tief erkannt von diesem Kind, das ich doch eigentlich nicht kenne; nur in diesem Moment für diesen einen Moment – eben doch.
Wir schauen uns an, sehen uns, spüren Gottes Geist leuchten zwischen uns. Für diesen einen wunderbaren Moment! … Ja, so glaube ich es!

Und ich weiß, das klingt verrückt (ein bisschen oder auch ein bisschen mehr) und doch klingt es vielleicht gerade deswegen nach dem Heiligen Geist, nach dieser verrückten, verrückenden Lebenskraft Gottes.

Ich jedenfalls bleibe dabei: Ich taufe total gerne … jedenfalls sobald ich wieder aus dem Urlaub da bin!

Viele Grüße, deine Eva
Dienstag, der 11. August 2020